11. Oktober 2003 20:00 Uhr
Literarisches Zentrum (Düstere Straße)
von Uslar findet ...
... dass man in diesen Tagen doch mal Ehen in Philippsburg lesen könnte. Weil so angenehm wenig dafür spricht, dieses Buch ausgerechnet jetzt wieder zu lesen. Weil im Tamtam um den Schriftsteller Walser verloren geht, dass es ja längst sein WERK gibt, in dem alles nachzulesen ist. Ehen in Philippsburg erschien 1957. Er ist Walsers »großer Gesellschaftsroman«: Die Geschichte eines Aufsteigers, der in Stumpfsinn, kleinem Glück, trüben Gedanken endet. 1957 war Walser dreißig. Er hatte schon buschige Augenbrauen. Er war DER JUNGE MANN. Man begreift, dass es schon damals unheimlich wichtig für ihn war, sich nicht anzupassen - auf Teufel komm raus nicht! AHA! In der Jugend hat man mit dem Recht, was im Alter Gewohnheit, also Lüge, Blödsinn, Stumpfsinn wird. Im Alter, denkt man, wäre es schick, einmal nicht auf der Position des Rechthabens zu stehen oder wie sehen Sie das, Herr Walser? Er darf auch »langweilt mich« und »nächste Frage, bitte« sagen. So sind die Spielregeln. Moritz von Uslar, Autor und Dramatiker in Berlin, interviewt Martin Walser im Rahmen seiner Interviewrubrik »100 Fragen« (SZ-Magazin), die u.a. Mick Jagger und Hillary Clinton beantwortet haben. Uslars beste Interviews erscheinen im Februar 2004 als Buch.