9. September 2010 20:00 Uhr
Literarisches Zentrum (Düstere Straße)
»Das Eigentliche«
Hans Frambach ist ein Neurotiker. Menschen, deren Namen sich durch drei teilen lassen, mag er, die meisten jedoch weniger. Seinen Mantel hängt er jeden Morgen ordentlich an denselben Haken und spult sein Programm ab. Abends geht er nach Hause und schlägt die Zeit tot. Seine Marotten sind dazu da, um eine Leere auszufüllen, die ihn in der Mitte seines Lebens überfallen hat. Zuvor war er auch nicht glücklich. Doch er hatte die Wut und den Schmerz über die Nazi-Verbrechen und die Zuversicht der jungen Jahre, es könnte besser werden. Aber zwischen Unterhaltungsfilmen, in denen »Nazi« und »Jude« nur Chiffren für »Böse« und »Gut« sind, und der Denkmalüberlastung unserer Zeit, hat der Schmerz sich abgenutzt. Mit Das Eigentliche (Droschl 2010) hat die 1962 geborene Hanika (Treffen sich zwei) mit viel Fingerspitzengefühl einen mutigen Roman geschrieben. In einer klugen Fülle von Formen erzählt, dichtet, singt, zitiert und dramatisiert sie über die gegenwärtige »Vergangenheitsbewirtschaftung« und den Zwiespalt, der entsteht, wenn man nicht vergessen will und nicht erklären kann. Nach der Lesung spricht die Autorin mit dem Germanisten Martin Reuter über das Buch, von dem Denis Scheck sagt, es stoße Fenster auf. Dieser Autorin geben wir gerne das erste Wort.