3. November 2005 20:00 Uhr
Literarisches Zentrum (Düstere Straße)
Eine Haltestelle für Ivan Blatny
Ivan Blatny setzt sich 1948 auf einer Englandreise von seiner tschechischen Delegation ab. Und gilt seitdem als verschollen. So entgeht er dem, was kommt: »Ich war feige, weil ich damals nicht offen meine Zweifel an den Kommunisten in der Tschechoslowakei auszusprechen wagte. Sozialismus wurde zu einer schrecklichen Phrase.« Er sucht Zuflucht in einem psychiatrischen Hospital. Seine Gedichte, als Kritzeleien verkannt, landen täglich im Müll. Erst nach 20 Jahren bemerkt eine Krankenschwester deren Qualität und schickt sie einem tschechischen Exilverlag. Eine ungehörte Sensation: der verschollene Dichter Ivan Blatny, 1954 offiziell für tot erklärt, lebt und schreibt. Ivan Blatny zählt heute mit Kundera, Havel und Skácel zu den bedeutendsten tschechischen Autoren des 20. Jahrhunderts. Erst 2005 erscheint „Alte Wohnsitze“, eine der herausragenden Neuerscheinungen des Jahres. – Jürgen Serke, Botschafter der Exilliteratur und Autor des Longsellers „Die verbrannten Dichter“, schildert seine einmalige Begegnung mit Blatny in „Die verbannten Dichter“. – Bernd Kaftan, der Grandseigneur des Deutschen Theaters in Göttingen, liest Blatnys Gedichte. Moderation: Hauke Hückstädt.