16. September 2022 20:00 Uhr
»Rot (Hunger)«
»Das ist eine Liebesgeschichte.« Mit diesem Satz beginnt der vermutlich irritierendste Roman dieses Jahres, in dem der Schriftsteller und Religionswissenschaftler Senthuran Varatharajah den Kannibalismus-Fall von Rotenburg aufgreift. Wer erinnert sich nicht an den Fall aus dem Jahr 2001, als ein Mann einen anderen, wie zuvor vereinbart, tötete, zerteilte und Teile von ihm aß. Ihn habe schon damals die Art und Weise der Berichterstattung verstört, sagt der Autor. Denn trotz der Einvernehmlichkeit machte die Presse daraus eine monströse Opfer/Täter-Story. Varatharajah dagegen erzählt mit lyrischer Intensität und philosophischer Strenge von der Sehnsucht, sich den Geliebten einzuverleiben, davon, dass der geliebte Mensch immer zu weit entfernt ist. Und davon: dass er immer fehlt, auch wenn er vor uns steht.
Ein Abend darüber, wie sich Drastik in Poesie wandelt, und über die kannibalische Sprache der Liebe.